Affekt und dekoloniale Aisthesis als anderes Wissen
Das Projekt befasst mit dem gegenwärtigen Diskurs zum Affektbegriff in den Kulturwissenschaften und befragt diesen auf seine mögliche Ergänzung aktueller Debatten zur dekolonialen Aisthesis (Mignolo). Affekt, folgt man Gilles Deleuzes Rezeption Spinozas, ist unpersönlich, sprich nicht an Subjekte gebunden und bringt diese zugleich hervor. Dieser Logik des Affekts weiterführend betont Brian Massumi die Autonomie des Affekts im Sinne einer Ebene der Hervorbringung von Subjekten, ohne deren Werdensprozess vorherbestimmen zu können. Die Arbeiten Deleuzes und Massumis, so sie doch einem westlichen und kolonialen Kontext entspringen, benennen ein Anderes der ästhetischen Theorien und Praktiken der Empfindung, das sich dem (kolonialen) Subjekt entzieht und es zugleich bestimmt. Ähnlich wird von Mignolo der Begriff der Aisthesis, sprich die Empfindungsweisen, dem der Ästhetik in seiner westlichen herrschaftlichen Tradition entgegengestellt. Mit dem Begriff des Affekts und einer dekolonialen Aisthesis werden Versuche des Aufbrechens einer vorherrschenden „Aufteilung des Sinnlichen“ (Rancière) – z.B. was als Kunst ist oder als wahrnehmbar gilt – unternommen. Als Gegenstand dienen die Einflüsse ästhetischer/aisthetischer künstlerischer Praktiken auf gegenwärtige, mediengestütze Formen politischen Widerstands sozialer Bewegungen. Insbesondere in Lateinamerika lassen sich neue Verknüpfungen affektiver Politiken in Verbindung mit lokalen Formen der Aisthesis vor dem Hintergrund translokaler und globaler ökonomischer Verhältnisse beobachten. In diesen Bewegungen werden, so die These, die Verhältnisse von Theorie und Praxis ebenso wie Affektion und Repräsentation radikal hin zu einem ‚anderen Wissen‘ der Empfindung transformiert.