Publikation: Kathrin Busch – Das Gespenst der künstlerischen Forschung

Veröffentlichung von Kathrin Buschs Bildessay »Das Gespenst der künstlerischen Forschung«

Busch_Gespenst

Als Teil des 277. Bandes des KUNSTFORUM International zum Thema »Leonardo im Labor. Kunst und Wissenschaft im 21. Jahrhundert« erscheint im Oktober 2021 Kathrin Buschs Beitrag »Das Gespenst der künstlerischen Forschung«.

Auszug aus Kathrin Buschs Essay
»Jacques Derrida hat von Bildern behauptet, das Gespenstische sei ihnen immanent. Es gäbe ›Entschwundenes in der Erscheinung als dem Wiedererscheinen des Entschwundenen selbst.‹ Gleiches lässt sich vom Wissen in der künstlerischen Forschung sagen. In ihr hat das Wissen, das sie in sich aufnimmt und zur Kunst macht, eine wiederg ngerische Form: Als gesichertes wird es zum Verschwinden gebracht und kehrt als ungewisses, spekulatives oder phantasmatisches zurück.
Hatte sich die konzeptuelle Kunst Begriffe für ihre reflexive Praxis erschlossen, so leistet die künstlerische Forschung vergleichbares in Bezug auf Theorie. Mit ihr werden alle Varianten des Erkennens, seien es philosophische Einsichten oder wissenschaftliche Ergebnisse zum Material von Kunst, das sie traktiert und verschiebt. Der Stand des Wissens flie t nicht in die künstlerischen Werke ein, vielmehr verwandelt die Arbeit an ihm die Kunst in eine Erkenntnisform eigenen Rechts. Das ästhetische Regime der Künste, das Jacques Rancière für die Moderne geltend macht, wird durch ein epistemisches Regime ersetzt. Mut zur Wahrheit, Attraktion von Theorie und Lust am Denken werden zu relevanten Größen in der Produktion und Rezeption von Kunst.«Kathrin Busch: »Das Gespenst der künstlerischen Forschung«, in: KUNSTFORUM International, »Leonardo im Labor. Kunst & Wissenschaft im 21. Jahrhundert«, Bd. 277, Oktober 2021, S. 108–119, hier S. 109)


Zum Band »Leonardo im Labor«
Kunst und Wissenschaft – zwei konträre Welten oder doch Wahlverwandte? Bis heute gilt Leonardo da Vinci als Inbegriff des Künstlers, der die Synthese aus Kunst und Wissenschaft verkörpert. Sind solche Multi- Talente heute noch möglich? Wo treffen Erfindungen und Kunst im 21. Jahrhundert aufeinander? Zwischen Realitätsleidenschaft und fiktionalem Forschungsdrang entwickeln Künstler*innen heute radikale, neue Ansätze, die unter Stichworten wie Science Art und Künstlerische Forschung (KF) diskutiert werden. Experimentiert wird nicht nur mit Apparaten und Maschinen, von Robotik bis zur lebenden Zelle ist alles erlaubt. In multidisziplinären Forschungsprojekten fügt die Sprache der Kunst der Wissenschaft eine neue, weit über visuelle Umsetzung hinausgehende Ebene hinzu. Künstler*innen benötigen bei ihren Experimenten und Erfindungen kein Verifizieren und Falsifizieren von Hypothesen, sie können interpretieren, simulieren und sogar fabulieren. In Interviews mit Künstler*innen (Thomas Feuerstein, Martin Walde oder der Künstler*innen- Gruppe Troika), mit Wissen schaftler*innen und Theoretiker*innen (Leiter des ZKM Karls ruhe Peter Weibel, Medientheoretikerin Ingeborg Reichle, Gerfried Stocker, künstlerischer Leiter der Ars Electronica Linz u. a.) ergänzt durch kommentierte Bildstrecken und Essays werden neue Perspektiven aufgezeigt: Gibt es eine Verwissenschaftlichung der Kunst oder vielmehr eine symbiotische Verknüpfung von Kunst und Wissenschaft? Und: Können Kunstschaffende heute angesichts des Anthropozäns, bedrohter Biodiversität und viraler, mutmaßlich via Zoonosen menschengemachter Pandemien gemeinsam Lösungswege erarbeiten?

Mit Beiträgen von Kathrin Busch, Alexander Damanisch, Jens Hauser, Sabine Vogel u.a.

KUNSTFORUM International »Leonardo im Labor. Kunst & Wissenschaft im 21. Jahrhundert« erscheint im Oktober 2021. Als Einzelband in gedruckter Archivausgabe ist der Band für ca. 25€ und in digitaler Version (30 Tage Zugriff auf alle bisher erschienenen Bände im KUNSTFORUM Online-Archiv) für ca. 15€ zu erwerben.

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